Der Hundeführerschein: Alles, was Hundebesitzer wissen müssen.
17.10.2023 - Lesedauer: 6 Minuten
Im öffentlichen Raum sind unsere Vierbeiner vielen Reizen ausgesetzt: Inlineskater, Radfahrer, Nordic-Walking-Stöcke, Jogger – die Liste ist lang. Beim Hundeführerschein geht es darum, dass dein Hund lernt, dass er sich auf dich als Navigator verlassen kann. Um Sicherheit im Straßenverkehr, Grundgehorsam und Sozialverträglichkeit mit Artgenossen und Menschen. Wie du den Hundeführerschein ablegen kannst und was du darüber wissen musst, liest du hier.
Der Hundeführerschein ist ein Befähigungsnachweis für Hundehalter. Er attestiert dir, dass du deinen Hund so unter Kontrolle hast, dass er weder für Menschen noch für andere Tiere eine Gefährdung darstellt. Zur Prüfung gehört ein theoretischer und ein praktischer Teil. Geprüft werden deine Sachkunde sowie der Grundgehorsam und die Sozialverträglichkeit deines Hundes. Da das Hundegesetz Ländersache ist, gibt es keine bundeseinheitliche Regelung. Dieser Umstand und die unscharfe Abgrenzung zum Sachkundenachweis sorgt für Verwirrung. Der Sachkundenachweis wird von einigen Bundesländern für die Haltung von als gefährlich eingestuften Rassen verlangt. Da der Hundeführerschein in aller Regel umfangreicher ist, wird er häufig als Sachkundenachweis anerkannt.
Eine bundesweite Hundeführerscheinpflicht gibt es genauso wenig wie einen einheitlichen Hundeführerschein. Erkundige dich daher nach den lokalen Regelungen an deinem Wohnort. Das kann sich durchaus lohnen: In manchen Kommunen, wie zum Beispiel in München, führt der Besitz eines Hundeführerscheins zu Vergünstigungen bei der Hundesteuer. In Hamburg und Schleswig-Holstein wird für Hunde mit Hundeführerschein die allgemeine Leinenpflicht ausgesetzt. Niedersachsen hat 2013 als erstes und bisher einziges Bundesland eine allgemeine Hundeführerscheinpflicht für alle Hundebesitzer eingeführt. In Baden-Württemberg wird aktuell die Einführung eines ähnlichen Modells vorbereitet. Der Hundeführerschein in Nordrhein-Westfalen ist dahingegen nur für Hunde ab einer gewissen Größe verpflichtend. Darunter fallen alle Tiere, die eine Widerristhöhe von 40 Zentimeter oder ein Gewicht von 20 Kilogramm überschreiten. Zudem ist ein Sachkundenachweis für Hunde in Nordrhein-Westphalen notwendig, die zu den sogenannten „Listenhunden“ zählen.
Jedes Bundesland trifft also seine eigenen Regelungen. Der Deutsche Tierschutzbund fordert übrigens, dass der Hundeführerschein bundesweit für alle Hundehalter verpflichtend eingeführt wird. Auch die Tierrechtsorganisation PETA spricht sich für einen Hundeführerschein aus – so würden Spontankäufe von Hunden vermieden, die später ausgesetzt oder im Tierheim abgegeben würden, weil sich die Halter im Vorfeld nicht ausreichend informierten.
Im Theorieteil erwarten dich Multiple-Choice-Fragen. Der Umfang der Prüfung variiert – zwischen 35 und 110 Fragen müssen bearbeitet werden. Dementsprechend hast du zwischen 60 und 180 Minuten Zeit für die Beantwortung. Überall gleich ist jedoch, dass du 80 Prozent der Hundeführerscheinfragen richtig beantworten musst, um zu bestehen. Damit erhältst du den Zugang zur praktischen Prüfung. Die theoretische Prüfung des Hundeführerscheins ist teilweise auch als Online-Test verfügbar.
Abgefragt wird Wissen aus den Bereichen:
- Sozialverhalten
- Kommunikation
- Lerntheorie
- Erziehung
- Ausbildung
- Angst und Aggression
- Pflege
- Rassekenntnisse
- Ernährung
- Gesundheit und Fortpflanzung
- Hundegesetz und Recht
Der praktische Teil dauert zwei bis drei Stunden. Hier steht dein Umgang mit deinem Vierbeiner im öffentlichen Raum auf dem Prüfstand. Dazu beobachtet der Prüfer dich in verschieden Situationen, zum Beispiel bei einem Spaziergang ohne Leine in einem belebten Park oder beim Bummel in der Fußgängerzone. Auch der Besuch eines Geschäfts oder Bahnhofs kann auf dem Programm stehen. Bis zu sechs Hund-Mensch-Teams können an derselben praktischen Prüfung teilnehmen. Bestehst du die Prüfung, gilt der Hundeführerschein solange du mit deinem Hund zusammenlebst. Hast du mehrere Hunde, musst du für jeden deiner Vierbeiner einen Hundeführerschein ablegen. Der Führerschein gilt also immer für das jeweilige Hund-Mensch-Team. Nach bestandener Prüfung erhältst du zwei Urkunden (Theorie und Praxis), einen Ausweis im Scheckkartenformat und eine Plakette für deinen Hund.
Darauf liegt das Augenmerk des Prüfers in der praktischen Prüfung:
- Wie reagiert dein Hund auf Menschen, Menschengruppen oder Artgenossen?
- Wie reagiert er auf Autos, Ablenkungen und Lärm?
- Befolgt dein Hund Grundkommandos (Sitz, Platz, Bleib, Rückruf)?
- Bricht dein Hund auf Kommando begonnene Handlungen ab?
- Kannst du deinen Hund an der lockeren Leine führen?
- Bleibt dein Hund entspannt, unabhängig davon, was um ihn herum passiert?
- Beweist dein Hund in der Prüfungssituation durchgängig Gehorsam?
- Zeigst du tiergerechtes, vorausschauendes Verhalten?
In diesem Video des VDH kannst du dir Beispielsituationen ansehen, die in der praktischen Prüfung auf dich zukommen könnten.
Anmerkung der Redaktion: Video, das Themen vgl. Beitrag erklärt. Im Idealfall wird ein Hundehalter beim Erlangen des Führerscheins begleitet (Reportage). Existierende, externe Videos sind meist uralt oder nicht sehr gut. Auf YouTube ist kaum brauchbares zu finden. Auch unser Vorschlag dazu (bei praktischer Prüfung) ist „oldschool“, aber wenigstens vom VDH.
Der "Hundeführerschein"
Informiere dich hier im Video!
Grundsätzlich besteht nicht die Pflicht, an Vorbereitungskursen teilzunehmen. Im Fachhandel gibt es reichlich Literatur zur Prüfungsvorbereitung im Selbststudium. Auf der Webseite des BHV (Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater) findest du zum Beispiel Hundeführerschein-Fragebögen zur Vorbereitung auf den Theorieteil. Auch eine kostenfreie App zum Hundeführerschein wird von dem Verband angeboten.
Den Praxisteil gut vorzubereiten kann schwieriger sein. An der praktischen Prüfung nehmen mehrere Hunde gleichzeitig teil – das kann so manchen Vierbeiner ablenken. Wenn du also an keinem Vorbereitungskurs teilnimmst, solltest du mit deinem Hund auch in der Gruppe üben. Such Situationen mit vielen Reizen, die den Gehorsam deines Hundes auf die Probe stellen. Spezielle Vorbereitungskurse werden von Hundeschulen und Verbänden angeboten. Dort werdet du und dein Vierbeiner zielgerichtet für beide Prüfungen fit gemacht.
Im Schnitt benötigen die meisten Hund-Mensch-Teams zur Vorbereitung zwischen drei und vier Monaten.
Ablegen kann man die Hundeführerscheinprüfung im gesamten Bundesgebiet bei verschiedenen Vereinen und Hundetrainern. Auf den Websites der folgenden Verbände findest du einen Prüfungsort in deiner Nähe:
- Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater (BHV)
- Berufsverband zertifizierter Hundetrainer (BVZ)
- Verband für das deutsche Hundewesen (VDH)
- Internationaler Berufsverband der Hundetrainer und Hundeunternehmer (IBH)
Tipp: Es lohnt sich im Vorfeld, die Webseiten der Verbände zu studieren. Dort findest du neben Prüfungsterminen auch Kursempfehlungen und hilfreiches Lernmaterial.
Der Zweibeiner muss mindestens 16 Jahre, der Vierbeiner zwölf Monate alt sein, um an der Prüfung teilzunehmen. Außerdem muss der Hund einen Identifikationsnachweis in Form eines implantierten Mikrochips sowie einen Impfpass und eine Hundehaftpflichtversicherung vorweisen.
Die Kosten für den Hundeführerschein schlagen mit etwa 90 bis 130 Euro für die zweiteilige Prüfung zu Buche. Je nach Bundesland und Prüfer kann der Preis variieren. Nicht enthalten sind eventuelle Kurskosten. Die Prüfung kann beliebig oft wiederholt werden, sollte es beim ersten Mal nicht klappen.
In einigen Nachbarländern, wie zum Beispiel in der Schweiz, ist der Hundeführerschein längst Pflicht. Vielleicht muss man diese Pflicht, aber nicht als ein lästiges Muss sehen: Du und dein Vierbeiner könnt zeigen, dass ihr ein gutes Gespann seid, das Alltagssituationen locker bewältigt. Das bekommst du dann sogar schriftlich – das ist doch eine tolle Sache!