Therapiehunde – was es für Hunde bedeutet, Menschen zu helfen
20.11.2023 - Lesedauer: 8 Minuten
Hundebesitzer kennen das Phänomen: Die Nähe zum Hund entspannt die gestresste Seele und Nerven, tröstet bei Trauer und löst Angstzustände. Diese heilende Wirkung, die Hunde auf viele Menschen haben, ist tatsächlich medizinisch nachweisbar. Kein Wunder also, dass der Einsatz von sogenannten Therapiehunden immer mehr zunimmt. Doch nicht jeder Hund ist gleichermaßen dazu befähigt. Informier dich hier darüber, was es mit dem Therapiehund tatsächlich auf sich hat.
- Therapiehund – was bedeutet das?
- Was macht ein Therapiehund?
- Die Ausbildung von Therapiehunden
- Regeln zum Wohle der Therapiehunde und ihrer Patienten
- Therapiehund werden – kann das jeder Hund?
- Welche Rassen eignen sich als Therapiehund?
- Früh übt sich – die zeitige Auswahl zum Therapiehund
- Video-Quiz: Erratet diese 6 Hundeberufe
Therapiehund – was bedeutet das?
Therapiehunde sind professionell ausgebildete Hunde, die im medizinischen Einsatz tätig sind. Sie helfen Menschen, bestimmte Krankheiten zu überwinden oder die Krankheitssymptome zu lindern. Therapiehunde werden gezielt im Rahmen medizinischer Behandlungen eingesetzt und haben sich bisher besonders bei Sprachtherapien, Heilpädagogik, Ergotherapie und der Psychotherapie bewährt. Sie lindern Angstzustände, Aggressionsausbrüche, Sprach- oder Sozialstörungen und vielfältige Stresssymptome. Auch in der Physiotherapie kommen sie vermehrt zum Einsatz.
Eine andere Bezeichnung für Therapiehund lautet therapeutischer Begleithund. Sein Einsatzbereich nennt sich „tiergestützte Therapie“ und ist ein noch junges medizinisches Therapiefeld. Daher unterliegt die Verwendung (und Ausbildung) von Therapiehunden einer stetigen Weiterentwicklung. Grundsätzlich erfüllt der Therapiehund eine bestimmte Aufgabe innerhalb einer therapeutischen Sitzung, die vorher individuell definiert wird.
Grenzen zwischen Therapiehund, Assistenzhund und Besuchshund
Ein Therapiehund steht in Abgrenzung zu sogenannten Assistenz- oder Begleithunden. Letztere sind ständige Begleiter von Menschen mit mentalen oder körperlichen Einschränkungen. Das heißt, die Hunde leben bei diesen Menschen und helfen ihnen so im Alltag. Ein klassisches Beispiel hierfür sind Blindenhunde. Eine weitere Abgrenzung wird zu sogenannten Besuchshunden vorgenommen. Diese werden von Begleitpersonal geführt und vorwiegend in Alten- oder Kinderheimen eingesetzt. Hier sollen sie den Betroffenen zu sozialer Interaktion verhelfen.
Was macht ein Therapiehund?
Hunde scheinen einen „siebten Sinn“ dafür zu entwickeln, wann es uns Menschen körperlich oder seelisch schlecht geht. Sie erspüren die Stimmungen ihrer Menschen und versuchen, ihnen aktiv beizustehen. Wissenschaftliche Tests haben bewiesen, dass der therapeutische Einsatz von Hunden hilft, hohen Blutdruck zu senken und Stress zu reduzieren.
Allein durch seine Gegenwart und Zuwendung schafft der Hund eine entspannte, tröstende und im wahrsten Sinne des Wortes heilbringende Atmosphäre. Seine Aufgabe ist es, den Patienten Mitgefühl, Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln. Das geschieht unmittelbar, vorbehaltlos und funktioniert auf faszinierende Weise bei vielen neurologischen, psychischen oder sozialen Problemen.
Es gibt zwei Arten, auf die ein Therapiehund in Einzel- oder Gruppensitzungen arbeitet: Entweder der Hund spielt eine aktive Rolle. Dann fordern sie die zu behandelnde Person aktiv zu etwas auf, wie zum Beispiel mit ihnen zu spielen. Im Gegensatz dazu warten reaktive Therapiehunde eher ab. Hier spielt der Patient den aktiven Part, der auf den Hund zukommt, wenn das Bedürfnis vorhanden ist. Manchmal reicht es schon, wenn der Hund einfach nur anwesend ist. Er lockert die Atmosphäre auf, beruhigt und macht in vielen Fällen mutiger.
Dabei wertet oder kritisiert er nicht, hat keine Erwartungen und gibt keine Ratschläge. Stattdessen nimmt er jeden Menschen genau so, wie er ist und spendet aufrichtig Trost sowie Wärme. Zudem kann er als eine Art Brücke zwischen Therapeut und Patient fungieren. Fällt es jemandem schwer, sich zu öffnen und über seine Gefühle zu reden, wird stattdessen über den Hund gesprochen. Therapiepatienten beginnen so häufig, ihre eigenen Gedanken auf den Hund zu projizieren. So kommen diese über „den Dritten“ im Raum zum Ausdruck. Des Weiteren können die zu Therapierenden lernen, Verantwortung zu übernehmen und empathischer auf die Gefühle sowie Bedürfnisse von anderen Lebewesen zu achten. Die Vierbeiner helfen so, Emotionen zu kontrollieren. Und sie fördern die Bewegung beziehungsweise die Motorik.
Wie genau mit dem Therapiehund gearbeitet wird, kommt auf die individuellen Patienten und die Therapeuten an. Dieser kann seinen Hund entweder zurückhalten oder ihm freie Bahn in der Interaktion mit den Therapierenden lassen. Darauf wiederum können weitere Therapiemaßnahmen aufbauen und sogar Medikamente vom Körper besser aufgenommen werden. Das erklärt sich zum Teil durch das Hormon Oxytocin, bekannt auch als das „Kuschelhormon“, das ausgeschüttet wird, wenn Menschen Hunde streicheln. Der Therapiehund wird ausschließlich im Team zusammen mit einem professionellen Arzt, Therapeuten oder Pädagogen eingesetzt. Ihm steht sein Hundeführer stets zur Seite. Dabei können Therapiehunde keine ärztliche Therapie ersetzen.
So hilft ein Therapiehund – Zusammenfassung
Therapiehunde erzielen sowohl in der Psychotherapie als auch im sozialen und physiologischen Bereich erstaunliche Erfolge. Im Einzelnen gehören dazu:
- Reduzierung von Stress
- Abbau von Ängsten oder Aggressionen
- Stärkung der emotionalen Stabilität
- Senkung des Blutdrucks und der Pulsfrequenz
- Förderung der Interaktion und Kommunikation
- Verbesserung des Sprachvermögens
- Förderung der Integration in die Gesellschaft
- Entspannung der Muskulatur
- Förderung der eigenen Sinnes- und Körperwahrnehmung
- Verbesserung der Motorik
- Verminderung von Gleichgewichts- oder Wahrnehmungsstörungen
- Steigerung von Aufmerksamkeit und Verantwortungsbewusstsein
- Steigerung des Selbstwertgefühls
- Steigerung der Leistungsfähigkeit durch Verbesserung der Konzentrations-, Merk- und Reaktionsfähigkeit
Obendrein kann der Therapiehund Patienten eine Aufgabe geben. Vielleicht lässt sie der Therapeut Fellpflege betreiben. Oder die Patienten sollen dem Hund Wasser geben, ihn beschäftigen, möglicherweise sogar gemeinsam mit ihm Gassi gehen – in Begleitung des Therapeuten. Die abwechslungsreiche Übernahme von Verantwortung reißt manche Menschen aus ihrem Alltag beziehungsweise aus dunklen Gedanken. Beispielsweise hilft der Therapiehund so bei Depressionen sehr gut. Die betroffenen Menschen fühlen sich wieder nützlich und gebraucht. Außerdem lenken die Hunde den Menschen von sich selbst ab. Viele Patienten gehen mit der Zeit immer mehr auf den Hund ein und freuen sich auf die Sitzungen. Somit steigern die Tiere das Lebensgefühl.
Die Ausbildung von Therapiehunden
Eine einheitlich geregelte Therapiehundeausbildung findest du in Deutschland nicht. Stattdessen bieten viele Therapiehund-Verbände, Vereine und Institutionen Kurse an beziehungsweise Therapiehund-Lehrgänge. Bei den meisten dieser Art muss dein Vierbeiner mindestens ein Jahr alt sein. Er benötigt alle Impfungen auf dem neuesten Stand.
Vor der Ausbildung fällt für jedes potenziell zukünftige Hund-Mensch-Team ein obligatorischer Eignungstest an. Bei jenem wird beobachtet, wie sich dein Hund im Freilauf verhält und wie er auf dich sowie den fremden Prüfer reagiert. Bei bestandenem Eignungstest könnt ihr mit der Ausbildung anfangen. Sie besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. In der Theorie lernst du alle notwendigen Grundlagen für die Arbeit und den Umgang mit einem Therapiehund. In der Praxis trainierst du gemeinsam mit deinem Vierbeiner verschiedene Situationen eines möglichen Therapieeinsatzes. In einer Abschlussprüfung zeigt ihr schließlich das Erlernte. Manche Zertifizierungsorganisationen beaufsichtigen deine ersten richtigen Besuche nach der abgeschlossenen Ausbildung noch mit.
Übrigens musst du nicht zwangsläufig als Therapeut tätig sein, um eine solche Ausbildung mit deinem Hund zu absolvieren. Viele Ehrenamtliche besuchen gerne mit ihren Hunden Seniorenheime und dergleichen. Dann seid ihr als Besuchshunde-Team unterwegs. Diese Option ermöglicht es prinzipiell jedem Halter mit seinem Hund als Therapie-Team zu wirken.
Dauer und Kosten der Ausbildung variieren je nach Anbieter. Im Schnitt solltest du mit 1.500 bis 3.000 Euro rechnen.
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Regeln zum Wohle der Therapiehunde und ihrer Patienten
Bei seiner Tätigkeit kommt der Therapiehund in Berührung mit ganz unterschiedlichen Menschen. Das sind Personen, die Schwierigkeiten haben, sich zu artikulieren, hibbelige oder sehr nervöse Menschen sowie Personen, welche sich kaum oder ungewohnt bewegen. Altersgrenzen bei den Patienten gibt es nicht. Die Hunde werden sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen und Senioren eingesetzt. Sie sind in der Lage, auf die individuellen Eigenarten der Patienten einzugehen, ohne sich irritieren zu lassen. Dabei halten sie sich in der Regel außerhalb ihres Zuhauses auf und werden mit den verschiedensten Räumen, Situationen und medizinischen Apparaten konfrontiert. Daher ist die Arbeit als Therapiehund durchaus auch anstrengend und belastend. Besonders, wenn ihr Einsatzbereich mental/physisch gehandicapte Kinder, Gruppen oder fremde Umgebungen mit starken Gerüchen sind.
So hilft ein Therapiehund – Zusammenfassung
- Daher sind die Arbeitszeiten eines Therapiehundes gesetzlich geregelt und in der Regel auf maximal 45 Minuten pro Tag beschränkt. In Ausnahmefällen, wenn mehre Tiere gleichzeitig in einer Therapiesitzung eingesetzt werden, kann die Arbeitszeit des Hundes auf zwei Stunden erhöht werden. Einzeltherapeutische Sitzungen darf ein Therapiehund nur drei Mal in der Woche begleiten. Nur so ist es garantiert, dass der Therapiehund seine Aufgabe richtig wahrnehmen kann, ohne selbst zum Therapiefall zu werden.
- Aus diesem Grund dürfen Therapiehunde auch nicht in einer Einrichtung gehalten werden, sondern müssen zwingend mit dem Hundehalter wohnen.
- Selbstverständlich muss jeder im Einsatz befindliche Hund absolut gesund und mental ausgeglichen sein.
- Dein Hund muss alle nötigen Impfungen besitzen, frei von Parasiten sein und regelmäßig entwurmt werden.
- Regelmäßige Tierarztbesuche sind für einen Therapiehund zwingend vorgeschrieben.
- Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass der Hund nicht zum Infektionsträger wird. Dabei sind nicht die möglichen Erreger von Hundekrankheiten gemeint, sondern die sogenannten „nosokomialen Infektionserreger“, die speziell in Krankenhäusern vorkommen. Denn diesen Keimen und Bakterien sind Hunde, die in Krankenhäusern oder Tageskliniken zum Einsatz kommen, natürlich vermehrt ausgesetzt.
- Sollte dein Hund eine Verletzung haben, achte darauf, diese erst komplett ausheilen zu lassen, bevor er wieder in einer Therapie tätig wird. Hunde, die Schmerzen haben, reagieren eher aggressiv und ihre Toleranzbereitschaft sinkt in der Regel. Ruhe steht hier erst einmal im Vordergrund.
Therapiehund werden – kann das jeder Hund?
Therapiehunde können prinzipiell alle Haushunde unabhängig von Rasse, Größe oder Geschlecht werden. Sie müssen jedoch einige Grundvoraussetzungen erfüllen. An erster Stelle ist dabei ein sanfter, geduldiger Charakter zu nennen, den nichts so schnell aus der Ruhe bringt. Zukünftige Therapiehunde begegnen Menschen ohne Argwohn oder Aggressionen und fallen durch ihr ausgeglichenes, selbstbewusstes jedoch nicht dominantes oder aufdringliches Wesen auf. Sie müssen sich von jedem Menschen streicheln lassen und dürfen auch bei etwas grobmotorischeren Bewegungen nicht nervös werden.
Eigenschaften eines Therapiehundes im Überblick
- In sich ruhendes, friedfertiges und geduldiges Wesen
- Keine Aggressionsbereitschaft
- Freundliche und offene Art
- Kein Misstrauen gegenüber Fremden
- Enge Bindung zu seinem Hundeführer
- Guter Gehorsam und leichte Führigkeit
- Kein territoriales Verhalten
- Kein ausgeprägter Schutz- oder Wachtrieb
- Gutes Sozialverhalten
- Sensibel, aber gleichzeitig stressresistent
Auf dem Weg zum Therapiehund müssen die geeigneten Kandidaten und ihre Hundeführer eine Begleithundeprüfung absolvieren. Dabei muss das Hund-Mensch-Team unter Beweis stellen, dass es hervorragend miteinander harmoniert. Spezialprüfungen runden die Ausbildung von Hundeführer und Therapiehund ab. Ob der Therapiehund eher groß oder klein sein soll, hängt häufig von dem therapeutischen Einsatzgebiet ab. So eignen sich bei Kindern, Jugendlichen und mental gehandicapten Erwachsenen eher standfeste, robuste Hunde. Hingegen sind für alte und gebrechliche Patienten kleinere Therapiehunde die bessere Wahl.
Welche Rassen eignen sich als Therapiehund?
Es gibt gewissen Hunderassen, die aufgrund ihres Rassecharakters mehr zum Therapiehund prädestiniert sind als andere. Dazu zählen bestimmte Begleithunde, Gesellschaftshunde und sogar ursprüngliche Jagdhunde. Bewährt haben sich unter anderem Hunderassen wie Magyar Vizsla, Labrador, Golden Retriever oder der Pudel. Unerschütterlich sind auch die sanften Riesen wie Berner Sennenhund, Bernhardiner, Leonberger und Neufundländer. Auch der Mops, Malteser, Deutsche Schäferhunde, Border Collies, Beagle, und Australian Shepherds werden gerne eingesetzt. Doch es muss nicht immer ein Rassehund sein, denn auch Mischlinge bringen häufig sehr gute Voraussetzungen für einen Therapiehund mit. Letztendlich kommt es auf den individuellen Charakter, die Sozialisation und Erziehung an, ob sich ein Hund eignet.
Früh übt sich – die zeitige Auswahl zum Therapiehund
Professionelle Therapiehunde werden häufig im Welpenalter ausgesucht und früh ausgebildet. Zu Bewertung der jungen Therapiehundeanwärter dienen spezielle Welpentests und regelmäßige Beobachtung der jungen Hunde in ihrer Entwicklung. Da die Nachfrage nach Therapiehunden stetig steigt, nehmen auch zielgerichtete Züchtungen mit einem entsprechenden Fokus auf geeignete Merkmale zu. Die Welpen aus diesen Verbindungen wachsen von Anfang an in einem Rudel ausgebildeter Therapiehunde auf und schauen sich bereits in ihrem zarten Alter entsprechende Eigenschaften von ihren Hundeeltern ab. Grundsätzlich gilt, je früher ein Hund auf seine Aufgabe als Therapiehund vorbereitet wird, desto besser. Junge Hunde hatten noch nicht so viel Zeit, sich unerwünschtes Verhalten anzutrainieren oder schlechte Erfahrungen zu sammeln.
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